Emotionale Erpressung: Auswege aus der Täter-Opfer-Schiene
Sie verursacht Schuldgefühle, sie hantiert mit unfairen Vorwürfen und Drohungen und sie stellt gerne Ultimaten: die emotionale Erpressung. Sie äußert sich beispielsweise in Formulierung wie „Wenn du mich wirklich lieben würdest, dann …“, „Wegen dir hab ich auf so vieles verzichtet!“ oder „Wenn du mich jetzt verlässt, dann …“ – sie ist für viele Menschen häufig das letzte Druckmittel, Macht über ihre Partner auszuüben, wenn diese nicht nach den eigenen Vorstellungen oder Erwartungen funktionieren. Gerade in Liebesbeziehungen kann sie toxische Züge annehmen. Wir verraten dir, welche Auswege es aus der emotionalen Manipulation gibt.
Inhalt:
Was sind die Ursachen für manipulatives Verhalten?
Emotionale Erpressung funktioniert nur dann, wenn der „Täter“ auch ein „Opfer“ findet, das sich manipulieren und emotional unter Druck setzen lässt. In der Regel liegt diesem toxischen Verhalten mangelnde Selbstachtung sowie ein mangelndes Selbstwertgefühl zugrunde. Dahinter verbirgt sich häufig die Hilflosigkeit darüber, dass in der normalen Kommunikation miteinander keine Lösung gefunden werden kann. Gleichzeitig sollen die persönlichen Bedürfnisse und Erwartungen erfüllt werden. Gerade empathische Menschen sind häufig anfällig für Schuldgefühle, weil sie anderen Menschen kein Leid zufügen wollen – und das, obwohl sie womöglich tatsächlich keine Verantwortung an dem vermeintlichen Leid tragen. Weitere Ursachen für das manipulative Verhalten liegen in Beziehungs- und Verlustängsten. Auch ein narzisstischer Partner greift gerne zu dieser Strategie. Dabei entsteht die Gefühlsmanipulation nicht aus Hass, sondern vielmehr unbewusst.
Emotionale Erpressung: Das sind die Anzeichen
In Beziehungen lassen sich verschiedene Strategien für dieses erpresserische Verhalten ausfindig machen. Im Folgenden zählen wir euch auf, woran ihr typische Anzeichen der „Täter“ und entsprechende Verhaltensweisen der „Opfer“ erkennt.
Die Täter…
- reden ihrem Partner gerne Schuldgefühle ein.
- machen dem Partner Vorwürfe, welches Leid sie durch ihr Verhalten auslösen würden.
- schrecken vor Drohungen nicht zurück (wie Trennung oder in Extremfällen sogar mit Suizid).
- stellen gerne ihre „Opfer“ vor vollendete Tatsachen, um eine Verhaltensveränderung bei ihrem Gegenüber zu bewirken bzw. zu erzwingen.
- geizen nicht mit Vorschriften, Regeln oder Pflichten, die es nicht zu verletzen gilt oder die womöglich verletzt worden sind.
- kritisieren, nörgeln oder beschimpfen sogar ihren Partner, um weiterhin Kontrolle und Macht auszuüben.
- ziehen oft Vergleiche mit anderen Beziehungen.
- greifen auch zu nonverbalen Bestrafungen, wie Schweigen oder Vermeiden des Blickkontakts, zurück.
Dieses Verhaltensmuster hat natürlich ebenfalls Auswirkungen auf die erpresste Person. An diesen typischen Anzeichen erkennst du, dass du emotional erpresst wirst.
Die Opfer…
- fühlen sich immer wieder gestresst und unter Druck gesetzt.
- haben das Gefühl, ihrem Partner nie zu genügen oder gerecht zu werden.
- haben Angst davor, Entscheidungen zu treffen, welche Einfluss auf die Beziehung haben könnten.
- sind verunsichert über ihr eigenes Verhalten und wie der Partner dieses bewertet.
- empfinden häufig Schuldgefühle.
- haben selbst große Angst, verlassen zu werden.
- geben bei Streitigkeiten und Konflikten schnell nach.
- haben das Gefühl mehr zu geben, als sie bekommen.
Auswege aus dem Täter-Opfer-Hamsterrad
Die Gründe, warum es in der Liebe zur emotionalen Erpressung kommt, können von Partnerschaft zu Partnerschaft individuell gelagert sein. Sowohl Beziehungsprobleme als auch ein narzisstischer Partner können dafür sorgen, dass dieses Verhalten immer wieder auftritt. Auf Dauer kann sich das jedoch nicht nur negativ auf eure Beziehung auswirken, sondern auch psychische und physische Probleme bereiten. Wichtig ist zu wissen: Die Täter sehen sich oft selbst als die Opfer, da der Partner ihnen aus mangelndem Selbstwert heraus nicht genügend Liebe oder Aufmerksamkeit zukommen lässt. Daher gilt es, alle Sinne zu schärfen, in welcher Rolle du dich wirklich befindest und welche dir von außen zugeschrieben wird. Je nach Perspektive können folgende Auswege dir helfen, aus diesem Sog der Manipulation auszubrechen bzw. der emotionalen Erpressung zu kontern.
Aus der Opfersicht: 5 Tipps im Umgang mit emotionaler Erpressung
- Bist du wirklich verantwortlich? Frag dich erst einmal, was hinter den Vorwürfen deines Partners steckt, bevor du in die Schuldgefühl-Falle stolperst oder dich schlecht fühlst. Ist seine Kritik berechtigt? Falls du tatsächlich einen Eigenanteil erkennst, kannst du an deinem Verhalten arbeiten, um weiteres Fehlverhalten zu vermeiden. Wenn du merkst, dass die Vorwürfe unberechtigt sind, dann gib klares Feedback aus deiner eigenen Wahrnehmung heraus.
- Stärke dein Selbstvertrauen: Du bist womöglich nicht der Egoist, als der du gerade abgestempelt wirst. Seine eigenen Bedürfnisse und Interessen nicht zu vernachlässigen, hat auch etwas mit einem gesunden Maß an Selbstliebe zu tun. Steh für dich ein und gib deinem Partner zu verstehen, was du dir selbst wert bist und was nicht.
- Setze Grenzen und stell Regeln auf: Kommuniziere klar und deutlich, wo für dich Grenzen liegen und sag auch „Nein“, wenn diese aus deiner Sicht überschritten werden. Klare Regeln können euch vor Krisensituationen bewahren. Diese müssen in ihren Rechten und Pflichten allerdings auf beide Partner gleichermaßen fair verteilt sein.
- Nimm professionelle Hilfe in Anspruch: Solltet ihr in euren Mustern bereits zu sehr verstrickt sein, sodass ihr nicht aus eigener Kraft ausbrechen könnt, ist Hilfe von außen ein probates Mittel. Therapeuten können euch dabei helfen, diese Muster zu erkennen und Lösungsansätze zu finden.
- Trenne dich von der unglücklichen Beziehung: Wenn du erkennst und fühlst, dass sich eine Veränderung im Umgang mit den toxischen Verhaltensweisen nicht herbeiführen lässt, dann zieh eine Trennung in Erwägung. Allein schon aus Selbstschutz. Bei emotionaler Erpressung leiden schließlich am Ende immer beide – keiner gewinnt.
Aus der Tätersicht: 5 Tipps, um eigene Manipulationsstrategien zu überwinden
- Erkenne deine Muster: Ein erster Schritt emotionale Erpressung zu überwinden, besteht darin, sich der eigenen Verhaltensweisen bewusst zu werden. Sobald du bei deinem Partner aneckst, hinterfrage, welchen Eigenanteil du vielleicht an der Situation hast und welche Ängste sich womöglich hinter deinem Verhalten verbergen.
- Kommuniziere deine Ängste: Sprich offen und ehrlich an, was zu deinem Verhalten geführt hat, was deine Befürchtungen sind und welche Ängste womöglich unbewusst mitwirken könnten. Ein klärendes Gespräch kann deinem Partner helfen dich zu verstehen und dein Verhalten einzusortieren. Sprecht darüber, in welchen Situationen der Druck auf den Partner besonders hoch ist und versucht gemeinsam Lösungen zu finden.
- Überwinde deine emotionale Abhängigkeit: Definiere dich nicht ausschließlich über deinen Partner. Eine Co-Abhängigkeit schmälert nur dein Selbstwertgefühl. Übernimm selbst Verantwortung für dich und fokussiere dich auch auf Sachen, die dir – unabhängig von der Partnerschaft – guttun. Sich mit Freunden zu treffen oder eigenen Hobbys und Interessen nachzugehen, kann dir helfen wieder mehr Bezug zu dir selbst aufzubauen.
- Hol dir therapeutische Hilfe: Oft ist es schwierig, aus eigener Kraft oder auch mit Hilfe des Partners, diese toxischen Muster zu durchbrechen. Wer eine Veränderung bewirken und an sich arbeiten will, kann in einer Therapie der Sache auf den Grund gehen. Ein Experte von außen kann helfen, individuelle Lösungsansätze zu entwickeln.
- 5. Sei geduldig: Ein festgefahrenes System lässt sich nicht auf Knopfdruck auflösen. Nimm dir Zeit und setz dich dabei selbst nicht zu sehr unter Druck. Feiere schon die kleinen Erfolge in jenen Situationen, in denen der Reiz manipulativen Verhaltens erkannt und vermieden wird.
Fazit: Der Weg aus der Manipulation führt über Selbsterkenntnis
Der Weg aus dem Teufelskreis emotionaler Erpressung auszubrechen, erfolgt in erster Linie über Selbsterkenntnis. Will ich das wirklich mit mir machen lassen? Oder bin ich am Ende selbst dafür verantwortlich, dass manipulative Strategien in der Beziehung zum Einsatz kommen? Egal ob Opfer oder Täter, Erpresser oder Erpresster – in beiden Fällen heißt es, aktiv zu werden, um wieder zu einer glücklichen Beziehung zurückzukehren. Ist die Aussicht auf Veränderung aussichtslos, ist eine Trennung fast unabdingbar. Denn in toxischen Beziehungen herrscht oft nur einseitige Liebe. Frag dich selbst, was du dir wert bist und ob du mit einem neuen Partner nicht vielleicht besser dran wärst. Diese negative Erfahrung kann deinen Blick bei der Partnersuche schärfen, dir klar vor Augen führen, was du wirklich willst und dir vielleicht schon bald eine neue glückliche Liebesbeziehung bescheren.