Fremdgehen in der Beziehung – Trennung oder zweite Chance?
Vertrauen ist für die meisten Menschen in einer Partnerschaft eine der wichtigsten Säulen für ein harmonisches Miteinander. Wird dieses Vertrauen durch einen Seitensprung missbraucht, sind Gefühle wie Wut, Enttäuschung und Traurigkeit völlig verständlich. Betrogene stellen sich dann oft die Frage, wie die Person, die einen eigentlich liebt, etwas so Verletzendes tun konnte. Mögliche Antworten darauf und wie sich Fremdgehen äußern kann, erfährst du in diesem Beitrag.
Inhalt:
Die 8 häufigsten Gründe fürs Fremdgehen
Fremdgehen ist ein großer Vertrauensbruch in einer Beziehung – dennoch war knapp jede dritte Person in einer Partnerschaft bereits einmal oder mehrmals untreu, wie ein Report aus 2020 zeigt.1 Die Frage, warum Menschen fremdgehen, liegt da auf der Hand. Und genau dieser Frage haben sich die Forscher*innen um den Psychologen Dylan Selterman für ihre Studie im „Journal of Sex & Marital Therapy“2 angenommen. Dabei haben sie die folgenden acht Gründe erkannt:
- Wut auf die*den Partner*in
Streits und schwierige Phasen gehören zu den meisten Beziehungen hin und wieder dazu. Eskaliert eine Auseinandersetzung jedoch und ein Part fühlt sich durch das Verhalten des anderen stark verärgert, kann das laut der Studie zum Fremdgehen führen. Und auch mit dem Motto „Wie du mir, so ich dir“ haben einige Studienteilnehmer*innen ihren Seitensprung begründet – dieser war dann die Rache dafür, selbst betrogen worden zu sein.
- Sexuelles Verlangen
Vielleicht wird das eigene Bedürfnis nach Sex in der Partnerschaft nicht erfüllt, da der*die Partner*in deutlich weniger körperliche Nähe braucht – das kann ein Grund dafür sein, fremdzugehen. Auch, wenn bestimmte Wünsche oder sexuelle Vorlieben in der eigenen Beziehung nicht ausgelebt werden können, stellt das für manche Menschen eine Motivation dar, sich diese Vorlieben außerhalb der Partnerschaft zu erfüllen.
- Mangelnde Liebe und Zuneigung
Die Liebe zueinander ist der Grundstein für eine Beziehung. Dennoch ist es nicht untypisch, dass sich die Gefühle mit der Zeit verändern und manchmal auch abschwächen, sodass nur noch wenig Raum für Zuneigung und Intimität herrscht – ein idealer Nährboden für Zweifel an der Partnerschaft. Diese wiederum verursachen eine Unsicherheit über die eigenen Gefühle für die*den andere*n und können das Fremdgehen begünstigen.
- Unverbindlichkeit in der Beziehung
Nicht immer ist eine Partnerschaft ganz klar als solche definiert – gerade zu Beginn einer Beziehung sind sich vielleicht noch nicht beide sicher, wie ernst es ihnen miteinander ist. Oder aber, eine Person will sich gar nicht unbedingt festlegen. Diese Unverbindlichkeit erhöht laut Selterman und Co. die Wahrscheinlichkeit, fremdzugehen.
- Stärkung des Selbstwertgefühls
In ganz frischen Beziehungen dreht sich zunächst oft alles um die*den andere*n. Kleine Aufmerksamkeiten und viel gegenseitige Wertschätzung gehören da zum Beziehungsalltag. Mit der Zeit jedoch nehmen diese meist ab, sodass beide Partner*innen deutlich weniger Bestätigung voneinander erfahren. Kritisch wird es, wenn eine Person daraus ein mangelndes Selbstwertgefühl entwickelt. Denn genau dieses und damit einhergehend der Wunsch nach Bestätigung von außen ist laut Studie ein häufiger Grund dafür, warum Menschen fremdgehen.
- Vernachlässigung durch die*den Partner*in
Ihr habt euch in letzter Zeit voneinander distanziert? Dafür kann es viele Gründe geben, etwa anstrengende Phasen im Job, seit Wochen schwelende Konflikte oder der eingekehrte Alltag. Wer gerade eine stressige Zeit durchmacht, neigt manchmal dazu, nahestehende Menschen eher von sich fernzuhalten. Ist dein*e Partner*in jedoch ein Mensch, der viel Nähe braucht, kann diese Distanz auf Dauer sehr schmerzhaft und verletzend für sie*ihn werden. Hat dein*e Partner*in das Gefühl, nicht mehr an dich heranzukommen, kann das ein Grund dafür sein, dass er*sie sich das Bedürfnis nach Nähe bei einer anderen Person gesucht hat.
- Der Wunsch nach sexueller Abwechslung
Vielleicht hast du dein*e Partner*in schon in jungem Alter kennengelernt, sodass ihr zuvor erst wenig sexuelle Erfahrung sammeln konntet. Oder aber, der eingekehrte Alltag in eurer Beziehung hat dafür gesorgt, dass euer Sexleben ein bisschen eingeschlafen ist. Diese Eintönigkeit und Langeweile erzeugt bei manchen Menschen Lust auf neue sexuelle Abenteuer, die dann mit anderen Personen ausgelebt werden.
- Situationsbedingtes Fremdgehen
Etwas aus dem Rahmen fällt der letzte Grund, und zwar das Fremdgehen aus einer bestimmten Situation heraus. Das könnte zum Beispiel so aussehen: Dein*e Partner*in ist auf der Weihnachtsfeier, die Stimmung ist ausgelassen und es fließt jede Menge Alkohol. So kommt es, dass der anfangs unverfängliche Flirt mit dem*der Kolleg*in plötzlich verbindlicher wird – denn wer zu viel getrunken hat, geht eher einem Impuls nach. Aber auch sehr stressige Phasen, etwa im Job, können das Fremdgehen begünstigen. Einige Befragte erklärten, dass sie in einem One-Night-Stand eine kurzfristige Erholung gesucht haben. Dazu passt, dass situationsbedingte Gründe meist nur zu einem einmaligen Betrug geführt haben, während beim Fremdgehen aufgrund von Wut oder mangelnden Gefühlen durchaus längere Affären resultierten.
Wo Fremdgehen anfängt und woran du erkennen kannst, dass dein*e Partner*in untreu war
Wie du siehst, passiert das Fremdgehen nur selten aus einem Impuls heraus – deutlich mehr Gründe basieren darauf, dass ein Part mit der Beziehung unzufrieden ist. Sollte das in deiner Partnerschaft der Fall sein, gilt dennoch: Such die Schuld für die Affäre deines*deiner Partner*in nicht bei dir. Denn wie schwierig eure Beziehung gerade auch sein mag, es gibt immer respektvolle Möglichkeiten, gemeinsame Probleme zu lösen. Geht eine*r hingegen fremd, nimmt er*sie bewusst in Kauf, die*den andere*n damit zu verletzen und die Partnerschaft zu gefährden.
Grundsätzlich gibt es bei diesem Thema eine entscheidende Frage: Wo fängt Fremdgehen für uns als Paar an? Während in manchen Beziehungen bereits das Flirten mit anderen als Vertrauensbruch gewertet wird, sehen andere Paare Fremdgehen erst dann, wenn eine*r von beiden mit einer anderen Person intim wird. Wichtig ist also, dass du und dein*e Partner*in ein ähnliches Verständnis von Treue teilt – darüber solltet ihr schon möglichst zu Beginn eurer Beziehung offen sprechen.
5 Typische Verhaltensweisen nach dem Fremdgehen
Du hast das Gefühl, dass dein*e Partner*in dir in letzter Zeit nicht mehr nah sein möchte und sich auch sonst irgendwie verändert hat? Das ist ein typisches Verhalten nach dem Fremdgehen. Folgende Anzeichen können außerdem ein Hinweis darauf sein, dass er*sie zweigleisig fährt. Wichtig ist aber: Einen One-Night-Stand zu unterstellen ist ein schwerer Vorwurf – geh also nicht sofort vom schlimmsten aus, sondern suche besser in einem ruhigen Moment das Gespräch und versuche so, herauszufinden, ob deine Sorge begründet ist.
- Dein*e Partner*in ist in letzter Zeit viel öfter allein unterwegs oder kommt später nachhause als gewöhnlich. Plötzliche Überstunden oder Termine am Abend können vorgeschoben sein, um sich selbst Freiraum zu verschaffen.
- Dein*e Partner*in achtet plötzlich viel mehr auf sein*ihr Äußeres und macht sich schick, bevor er*sie außer Haus geht. Hier könnte eine andere Person dahinterstecken, der er*sie gefallen möchte.
- Auch eine richtige Typveränderung ist nicht ungewöhnlich, wenn jemand eine Liaison neben der Beziehung eingeht. Achte also ruhig mal darauf, ob er*sie plötzlich die eigene Garderobe verändert, einen neuen Haarschnitt trägt oder ein neues Parfum auflegt.
- Die fällt auf, dass dein*e Partner*in in letzter Zeit sehr viel mehr mit dem Smartphone beschäftigt ist, dieses seltener einfach irgendwo liegen lässt und zum Telefonieren vielleicht den Raum verlässt? Der Grund könnte eine Person sein, von der du nichts mitbekommen solltest.
- Auch wenn euer Sexleben zuletzt nicht allzu abwechslungsreich war, seid ihr regelmäßig intim geworden – doch seit ein paar Wochen hat dein*e Partner*in gar kein Interesse mehr an körperlicher Nähe? Gleichzeitig kann auch das genaue Gegenteil ein Anzeichen für mögliches Fremdgehen sein, also ein plötzlich deutlich gesteigertes Bedürfnis nach Sex.
Fazit: Fremdgehen zeigt oft die Unzufriedenheit in der eigenen Partnerschaft
Die Gründe von Selterman und Co. zeigen, dass hinter dem Fremdgehen oft mehr steckt als nur reine Lust auf Sex. Der Wunsch nach Bestätigung, emotionale Distanziertheit oder ein mangelndes Selbstwertgefühl können diesen begünstigen. Fakt ist aber: So unzufrieden eine Person in ihrer Beziehung gerade ist – das ist keine Entschuldigung dafür, die*den andere*n zu verletzen. Genau das macht auch die Frage nach Trennung oder zweiter Chance so schwierig. Selbst, wenn das Fremdgehen verziehen wird, braucht es eine aktive Beziehungsarbeit und viel Geduld, um den Vertrauensbruch aufzuarbeiten und wieder gegenseitig Vertrauen aufzubauen.