Am liebsten nie erwachsen werden: Das Peter-Pan-Syndrom in Beziehungen und im Online-Dating
Wer die Bezeichnung „Peter-Pan-Syndrom“ hört, hat vermutlich sofort die bekannte literarische Figur Peter Pan vor Augen. Der Junge, der niemals erwachsen wird. Und genau das steckt auch hinter dem Syndrom, das Erwachsene – oft Männer – beschreibt, die nur schwer Verantwortung übernehmen können und nicht erwachsen werden wollen. Wie sich das Syndrom auf Online-Dating und Beziehungen auswirken kann, welche Ursachen es dafür gibt und wie es gelingen kann, trotzdem erfüllende Partnerschaften zu führen, das erfährst du in diesem Beitrag.
Was bedeutet Peter-Pan-Syndrom in Beziehungen und im Online-Dating
Es handelt sich dabei nicht um ein Krankheitsbild einer Persönlichkeitsstörung, sondern ist vielmehr ein sehr eingängiges, allerdings nicht wissenschaftliches Modell, um bestimmte Verhaltensweisen zu kategorisieren. Kiley bezog sich auf die berühmte Fantasy-Figur Peter Pan, ein Junge, der nach traumatischen Erlebnissen beschließt, niemals so zu werden wie die Erwachsenen, die ihn enttäuscht und verletzt haben. Männer mit Peter-Pan-Syndrom verhalten sich meist verantwortungslos und unverbindlich und benötigen viel Anerkennung, um ihr niedriges Selbstbewusstsein zu erhöhen. In extremer Ausprägung ist das Peter Pan Syndrom ein Zeichen von Bindungsangst und zeigt sich vor allem bei Männern mit starken narzisstischen Anteilen.
Eric HegmannParship Studienbegleiter, Paartherapeut und Single-Coach
Inhalt:
Typische Ursachen und Symptome des Peter-Pan-Syndroms
Einmal vorweg: Das Syndrom ist nicht als formelle Diagnose einer psychischen Erkrankung anerkannt. Trotzdem wird die Bezeichnung oft verwendet, wenn Erwachsene sich davor scheuen, die für ihr Alter typischen Rollen und Verantwortlichkeiten zu übernehmen. Doch woran liegt ein solches Verhalten?
Eine überbehütete Kindheit oder eine gestörte Eltern-Kind-Beziehung kann dazu führen, dass Heranwachsende übermäßig abhängig und unsicher sind und später Angst davor haben, Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu übernehmen. Und auch Narzissmus geht häufiger mit dem Peter-Pan-Syndrom einher – denn ähnlich wie Menschen mit dem Peter-Pan-Syndrom will auch ein Narzisst immer im Mittelpunkt stehen, gibt anderen die Schuld für Misserfolge und hat Angst vor Kritik oder Entscheidungen. Übrigens: Zwar tritt es bei Männern häufiger auf, doch auch Frauen können vom Peter-Pan-Syndrom betroffen sein. Und so äußert sich das Syndrom im (Beziehungs-)Alltag:
- Vermeidung von langfristigen Beziehungen und Verpflichtungen
- Ständige Suche nach jemand „Besserem“
- Unreifes Verhalten
- Schwierigkeiten, emotionale Tiefe zu zeigen
- Übermäßiges Bedürfnis nach Unabhängigkeit und Freiheit
- Keine Kritikfähigkeit
- Unzuverlässigkeit
Wie sich das Syndrom auf das Online-Dating auswirkt
Menschen mit dem Peter-Pan-Syndrom zeigen oft ein Muster von Vermeidung und Angst vor festen Bindungen. Sie neigen dazu, sich in Beziehungen nicht vollständig einzubringen und suchen nach Ausflüchten, um sich nicht festlegen zu müssen. Online-Dating-Plattformen können für Betroffene deshalb besonders ansprechend sein. Denn die schier endlose Auswahl an potenziellen Partner*innen bietet die Möglichkeit, sich mit mehreren Personen gleichzeitig einzulassen, ohne sich dabei wirklich festzulegen.
Dieser Hintergrund führt bei Menschen mit dem Peter-Pan-Syndrom oft zu einigen typischen Nutzungsweisen von Online-Dating-Apps. Beispielsweise fällt auf, dass Online-Dating-Angebote übermäßig stark genutzt werden – etwa, um sich vor Verpflichtungen im echten Leben zu drücken und gleichzeitig echte Nähe zu vermeiden. Gleichzeitig führt die ständige Angst, etwas zu verpassen, zu dem Bedürfnis, sich beim Dating immer mehrere Singles „warmzuhalten“. Und nicht zuletzt sind ein häufiger Wechsel von Partner*innen oder mehrere parallele Bekanntschaften typisch für Singles mit dem Syndrom.
Doch das Online-Dating kann für Betroffene auch eine Chance darstellen. Während die flüchtige Natur von Dating-Apps die Tendenz zum Vermeiden fester Bindungen verstärken kann, bieten sie auch eine Plattform, um soziale Fähigkeiten zu üben. Wenn du selbst von dem Syndrom betroffen bist, kannst du hier langsam erste Schritte in Richtung ernsthaftere Beziehungen gehen.
Wie du es schaffst, die Angst vorm Erwachsenwerden abzulegen
Männer und Frauen mit dem Peter-Pan-Syndrom mögen Angst vor engen Bindungen haben – das heißt aber nicht, dass der Wunsch nach einer liebevollen Beziehung nicht bestehen kann. Wenn das bei dir der Fall ist, lohnt es sich, das Syndrom aktiv anzugehen und die Angst vor dem Erwachsenwerden Stück für Stück zu thematisieren und abzubauen. Mit diesen Tipps gelingt dir das:
- Reflektiere dein eigenes Verhalten in zwischenmenschlichen Situationen, denn diese Selbstreflexion ist die Basis dafür, verletzendes Verhalten überhaupt erst zu bemerken. Im zweiten Schritt kannst du dann nach und nach probieren, Kleinigkeiten in deinem zwischenmenschlichen Verhalten zu verändern.
- Lass dich von deinem Umfeld spiegeln, wenn es dir schwerfällt, ein Bewusstsein für dein eigenes Verhalten zu schaffen. Familie und Freund*innen werden dich gerne dabei unterstützen, deine für das Peter-Pan-Syndrom typischen Verhaltensweisen besser zu erkennen und zu verstehen.
- Bau kleine Achtsamkeitsübungen in deinen Alltag ein – so gelingt es dir Stück für Stück, einen stärkeren Fokus auf dein Handeln zu erlernen. Und dieser hilft dann wiederum, dass dir die Selbstreflexion immer leichter gelingt.
- Hinterfrage, was dir am Erwachsensein und an Verantwortung Angst macht und woher diese Ängste stammen – sind es reale Befürchtungen aus deinem jetzigen Leben oder kommen die Sorgen schon aus deiner Kindheit? Gleichzeitig kannst du nun auch überlegen, ob es auch positive Aspekte am Erwachsensein gibt, für die du dankbar bist. So erzeugst du ein ausgewogenes mentales Bild darüber.
- Entscheide dich beim Dating bewusst für eine Person und verzichte während der Kennenlernphase auf Treffen mit anderen. Das bedeutet nicht, dass aus jedem Kontakt sofort eine Beziehung werden muss. Aber bewusst nur einen Single zu daten, intensiviert auf jeden Fall eure Kennenlernphase.
- Hol dir professionelle Unterstützung im Rahmen eines Coachings oder einer Therapie, um die Ursache für dein Peter-Pan-Syndrom zu finden und gezielte Veränderung anzugehen.
Fazit: Mit Achtsamkeit und Selbstreflexion kannst du Schritt für Schritt erwachsen werden
Das Peter-Pan-Syndrom ist eine Herausforderung, die betroffene Menschen davon abhält, die volle Reife und die damit verbundenen Verantwortlichkeiten des Erwachsenenalters zu akzeptieren. Während dieses Syndrom in den Medien oft romantisiert wird, führt es in der Realität nicht selten zu Schwierigkeiten in persönlichen und beruflichen Beziehungen. Bist du selbst von dem Syndrom betroffen und sehnst sich danach, dich auf tiefgreifende Bindungen einlassen zu können, dann kannst du dich aktiv mit dem Syndrom auseinandersetzen. Selbstreflexion, kleine Achtsamkeitsübungen im Alltag, aber auch eine Auseinandersetzung mit den Ursachen und professionelle Hilfe können der Schlüssel sein, um die Angst vor dem Erwachsenwerden abzulegen. Und so zukünftig Beziehungen zu führen, in denen du mit gutem Gefühl Verantwortung übernehmen kannst.